Im Frühjahr brüten die Vögel, setzt das Reh und rammelt der Feldhase. Für viele wildlebenden Tierarten ist der Frühling die Zeit der Fortpflanzung. Damit sie jedoch erfolgreich Junge aufziehen können, sind unsere Wildtiere auf störungsarme Lebensräume angewiesen. Hundehalterinnen und Hundehalter tragen massgeblich dazu bei, dass die Jungenaufzucht bei «Feldhase & Co» gelingt. Das ist wichtig, denn in der Schweiz ist die Biodiversität unter Druck. Die Störung durch den Menschen, Haushund und Hauskatze spielt dabei eine bedeutende Rolle und wird durch den Verlust von Lebensraum akzentuiert.
Naturnahe Lebensräume sind etwas Wunderbares: Eine blühende Wiese, ein Feuchtgebiet, ein Brachland, gestufte Waldränder und Auenwälder. Wer streift da nicht gern mit seinem Hund durch? Doch so schön das für uns ist, so verheerend ist es beispielsweise für brütende Wiesenvögel wie die Feldlerche oder die Schafsstelze, die ihre Nester auf dem Boden haben. Sie verlassen bei Begegnungen mit Spaziergängern, Velofahrern und Hunden fluchtartig ihr Nest und das Gelege bleibt schutzlos zurück. Es kühlt aus oder wird von Hund, Krähe oder Fuchs gefressen. Dasselbe kann dem Waldlaubsänger im Wald oder dem Kiebitz im Feuchtgebiet passieren. Doch nicht nur Vögel sind von Störungen betroffen. Rehe setzen ihre Jungtiere in Wiesen in Waldnähe und auch die Hasenjungen befinden sich im Landwirtschaftsgebiet. Freilaufende Hunde können diese Tiere aufstöbern und im schlimmsten Fall verletzen oder gar fressen. Doch egal, ob es Jungtiere oder auch erwachsene Wildtiere sind: Die Begegnung mit einem Hund ist für Wildtiere eine grosse Belastung, auch wenn dieser nicht zubeisst. Nur schon durch den Stress kann es bei gehetzten Wildtieren zu Herzstillstand oder bei Weibchen zu einem Abort kommen – unbemerkt von Hundehalter oder Hundehalterin.
Um unsere Wildtiere zu schützen, ist ein achtsamer Umgang mit der Natur wichtig. Daher sollten sich die Spaziergänge von April bis Juli grundsätzlich auf die offiziellen Wege beschränken und alle Hunde in dieser Zeit an die Leine geführt werden. Obschon es in unserem eigenen Interesse an der Natur liegen sollte, dass wir Störungen minimieren, gibt es auch eine rechtliche Grundlage. Wildtiere sind rechtlich vor Störung geschützt. Im Kanton Bern dürfen Hunde grundsätzlich nur dann abseits von Siedlungen freilaufen, wenn sie jederzeit unter Kontrolle sind. In Naturschutzgebieten – den letzten Rückzugsgebieten unserer Wildtiere – ist die Leinenpflicht ganzjährig vorgeschrieben. Ein Verstoss kann mit einer Geldstrafe gebüsst werden und einem Hund gar das Leben kosten. Denn wildernde Hunde dürfen von einer Fachperson in flagranti erlegt werden. Doch nicht diese Gefahr sollte den Hund an die Leine bringen, sondern unsere Freude an der Natur. Unser aller Verhalten hat konkrete Auswirkungen darauf, ob wir Feldlerche, Feldhase, Kiebitz und Reh noch morgen oder in einem Jahr auf dem morgendlichen Spaziergang beobachten können.